054: Liebe Kinder, es wird wieder Zeit für eine Stella-Geschichte! Und da sich Weihnachten in großen Schritten nähert, gibt es eine weihnachtliche Stella-Geschichte. Aber feiert man in Kambodscha eigentlich Weihnachten? Eigentlich nicht, aber…. Ach, lass dich einfach überraschen, was sich die Stella wieder einfallen lässt!
Das Titelbild zeigt Stella und auch ein paar andere Elefanten! Gemalt wurde es von Nora. Vielen herzlichen Dank dafür!
Stella von Steist Band 6 – Stella und das Weihnachtsfest
„Mir ist soooo langweilig!“ Stella steht in der Dunkelheit auf der Rasenfläche des Tempelgeländes und wackelt vor Langeweile mit dem Rüssel hin und her. Ihr bester Freund Nedo, der Affe, liegt neben ihr im Gras und schaut trübsinnig in den dunklen Nachthimmel.
„Was können wir heute bloß machen?“, sinniert er vor sich hin.
„Ich hab`s! Wir feiern eine Party!“ Begeistert springt er auf und klatscht in die Hände. „Los, wir feiern eine Geburtstagsparty! Irgendjemand wird doch wohl heute Geburtstag haben!“
Stella schaut Nedo nicht gerade erfreut an. „Schon wieder Geburtstag feiern?“ Sie gähnt gelangweilt. „Ich bin jetzt 836 Jahre alt und habe 836 mal Geburtstag gefeiert. Die Idee haut mich jetzt nicht wirklich vom Sockel.“ (Obwohl, eigentlich ist Stella heute schon von ihrem Sockel, auf dem sie am Tag schläft, runter gesprungen. Aber das zählt nicht…)
„Ach komm“, drängelt Nedo. „Heute ist der 24. Dezember. Ich geh mal los und frag die anderen Affen, wer von ihnen am 24. Dezember geboren ist.“ Nedo springt auf seine Beine und tapert auf seine Arme gestützt Richtung Tempel, wo die anderen Affen rumlungern.
24. Dezember…, 24.Dezember… Irgendwie kommt Stella dieses Datum bekannt vor. Was war nochmal an diesem Tag? Das Steist-Mädchen grübelt und grübelt. Also irgendwie meint sie sich zu erinnern, dass das ein besonderer Tag ist. Aber warum? Ha, jetzt fällt es ihr wie Schuppen von den Augen! Heute hat sie im Halbschlaf am Tag mitbekommen, wie einige Touristen an ihr vorbei geschlendert sind und von Weihnachten geredet haben. Und das ist am 24. Dezember! Die Touris kamen aus Deutschland und haben irgendwas davon erzählt, dass sie ja dieses Jahr keinen Tannenbaum haben werden und auch keinen Schnee sehen werden, weil es den in Kambodscha nicht gibt und hier auch kein Weihnachten gefeiert wird. Auf jeden Fall hat es sich so angehört, als ob Weihnachten eine Art Party wäre. Und so eine Party hat Stella noch nie gefeiert! Da hätte sie richtig Lust drauf! Schnell stapft sie auf ihren Beinchen ihrem Kumpel Nedo hinterher.
„Nedo, Nedo, ich habe eine Idee! Wir feiern Weihnachten!“, ruft sie.
Nedo ist stehen geblieben und schaut seine Freundin an. „Hä, Weihnachten, was ist das denn?“, fragt er verwundert.
„Ich weiß auch nicht genau. Komm, wir gehen zur alten Affen-Oma, die hinten in dem großen Baum wohnt, und fragen sie. Sie weiß bestimmt mehr“, schlägt Stella vor. Gesagt, getan. Die Affen-Oma ist zu Hause und sie kennt tatsächlich Weihnachten! Vor langer Zeit hat sie nämlich heimlich bei einer Familie durch das Fenster geschaut, als die sich im Fernsehen einen Weihnachtsfilm angeschaut haben. Und die Affen-Oma kann sich noch an alle Details erinnern: Den Schnee, den geschmückten Weihnachtsbaum, die Geschenke unter dem Baum und die Weihnachtsmusik, die gespielt wurde.
Wow, Stella ist von der Erzählung begeistert! Genau so ein Fest will sie feiern! Mit allem drum und dran! Das Problem ist nur: Wo bekommt man in Kambodscha bei 30°C Schnee und einen Tannenbaum her?
Aber natürlich! Wofür kennen sie schließlich eine Hexe? Sie werden einfach Karin, die grüne Hexe vom See, zur Party einladen und die kann Schnee und einen Weihnachtsbaum herzaubern! Auch Nedo findet diese Idee klasse! „Und weil man zu einem Fest alle seine Freunde einlädt, laden wir auch die Feen und Polly, die Tigerpython, ein“, schlägt er außerdem vor. Ja, das klingt nach einem Fest! Kurze Zeit später haben sich alle festlich gekleidet im großen Tempel versammelt: Stella, Nedo, Karin, die Hexe, die Affen-Oma, Polly, die Python-Schlange, mehrere Affen und auch die Feen Blaula und Rosalie, die zufällig genau heute aus dem Feenland gekommen sind, um ihre Freunde Nedo und Stella zu besuchen.
Karin hat sich tatsächlich bereit erklärt, Schnee und einen Weihnachtsbaum herbeizuzaubern. Nach langem Überlegen sind ihr die Zaubersprüche dafür eingefallen. Jetzt stehen alle erwartungsvoll im Kreis um die Hexe herum und freuen sich auf das, was jetzt geschehen wird. Wie Schnee wohl aussieht? Und ein echter Tannenbaum?
„Ho, ho, ho, wir sind froh, es gibt ein Fest zu feiern. Einen Weihnachtsbaum zu zaubern ist doch nicht schwer, und Schnee dazu, das geht im nu, und jetzt schaut her, es weihnachtet sehr!“, flüstert die Hexe und steht mit ihrer grünen Kapuze tief ins Gesicht gezogen einen Moment schweigend mit ausgebreiteten Armen in der Mitte. Dann fängt sie langsam an zu schweben. Plötzlich knallt es und Rauchschwaden hängen in der Luft. Da wo Karin vorher war, steht jetzt ein riesengroßer Tannenbaum, geschmückt mit silbernem Lametta, roten Kugeln und roten, brennenden Kerzen.
Alle Freunde stehen mit vor Staunen geöffnetem Mund vor dem Baum. So einen prachtvollen Baum, vor allem einen Tannenbaum, haben sie noch nie gesehen! Sie klatschen begeistert in die Hände.
„Äh“, räuspert sich Nedo irgendwann. „Wo ist eigentlich die grüne Hexe? Ist sie jetzt zum grünen Tannenbaum geworden?“ Erschrocken reißen alle die Augen auf. Hoffentlich nicht! Wer soll sie denn dann zurückzaubern? Aber da hören sie schon ein Kichern von oben. Oben auf der Tannenspitze hockt die Hexe und freut sich über ihre erstaunten Freunde.
„Schaut mal aus dem Fenster“, ruft sie dann. Alle rennen zum Fenster und können es kaum glauben! Draußen schneit es dicke Schneeflocken! Es sind zwar immer noch 30°C, aber es schneit, als wären es -5°C. Die Affen rennen begeistert nach draußen und machen die erste Schneeballschlacht ihres Lebens. Und dann wird gefeiert! Weihnachtsmusik liegt in der Luft (natürlich herbeigezaubert) und als Bescherung gibt es jede Menge buntes Obst, das sich unter dem Weihnachtsbaum stapelt. Die Freunde haben ein richtig schönes Fest und schlagen sich die Bäuche mit dem köstlichen Obst voll. Auch die Affen sind inzwischen hereingekommen.
Draußen schneit es derweilen weiter. Und schneit. Und schneit. Und schneit. Die Freunde merken davon nichts, schließlich genießen sie das Fest! Langsam neigt sich die Nacht dem Ende zu und Stella fängt an zu gähnen. Wow, was für eine Party! Nun wird es aber langsam Zeit, auf ihren Sockel zurückzukehren und ihren wohlverdienten Tagesschlaf anzutreten. Sie stampft müde zur Tempeltür und will gerade ihren linken, vorderen Elefantenstampfer nach draußen setzten, als sie mit dem Kopf gegen eine weiße Mauer knallt. Was ist das denn? Oh, oh, sie ahnt Schlimmes… Schnell rennt sie zu einem höher gelegenem Fenster und schaut hinaus: Schnee, nichts als Schnee. Die ganze weite Fläche des Tempelgeländes ist eingeschneit und es schneit noch weiter. Stella wird angst und bange. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.
„Leute, kommt mal her“, ruft sie ihre Freunde schnell herbei.
„Karin, du musst sofort den Schnee wegzaubern“, ruft die Affen-Oma. „Gleich wird es hell und die Touristen kommen. Die dürfen doch nicht merken, dass wir hier waren!“ Alle starren auf Karin, die Hexe. Die starrt mit aufgerissenen Augen zurück.
„Also hört mal zu, Freunde“, stottert sie dann los. „Ihr habt mich gefragt, ob ich Schnee herzaubern kann. Das habe ich gemacht. Von Wegzaubern war nicht die Rede!“
„Aber, aber“, kreischt Stella jetzt schon etwas in Panik, „wegzaubern gehört doch selbstverständlich mit dazu!“
Jetzt wird die grüne Hexe trotzig. „Tzz, das ist mal wieder typisch! Gleich das volle Programm erwarten ohne das vorher abzusprechen!“ Doch dann wird sie kleinlaut. „Ehrlich gesagt, habe ich den Zauberspruch zum Schnee-Wegzaubern vergessen!“
„Waaaaaaaas?“ Jetzt ist sogar Nedo panisch. „Soll das heißen, ab jetzt leben wir hier auf dem Tempelgelände im Schnee? Na super!“
Die grüne Hexe zuckt schuldig dreinschauend mit den Schultern. „Aber das war doch eure Idee!“
„Okay, okay, Ruhe bewahren! Wir werden schon eine Lösung finden! Lasst uns alle nochmal nachdenken, was wir tun können!“, rät Stella. Jetzt stehen alle an den Fenstern und starren nachdenklich auf die weiße Landschaft. Sogar die Affen, die sonst immer am Reden sind, sind verstummt.
„Oh, ich hab`s!“ Nedo springt aufgeregt auf und ab! „Blaula und Rosalie, ihr seid doch Feen! Feen können doch auch zaubern! Versucht ihr es doch mal!“
Blaula und Rosalie schauen erst sich gegenseitig und dann Nedo an. „Also ehrlich gesagt, ist ein Hexenzauber etwas anderes als ein Feenzauber. Wir glauben nicht, dass das so einfach geht!“
„Biiiitttee“, bettelt Stella. „Versucht es doch wenigstens!“
„Na gut!“ Die kleinen Feen nehmen ihre Feenstäbe und fliegen hinaus in das Schneegestöber. Bald sind sie aus dem Blickfeld der anderen verschwunden. Lange passiert gar nichts. Dann knistert es auf einmal in der Luft und die weißen Schneeflocken verwandeln sich in blau glitzernde Schneeflocken.
„Ohhhhhhhh“, rufen alle erstaunt. Es war nicht das, was sie sich erhofft hatten, aber es sieht wunderbar aus. Dann knistert es nochmal in der Luft und nun fallen rosa glitzernde Schneeflocken. Die Freunde kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Jetzt knistert es nochmal in der Luft und nun fällt ein Gemisch aus weißen, rosa- und blauglitzernden Schneeflocken vom Himmel.
Blaula und Rosalie kommen mit kleinen Eiszapfen an den Flügeln und blau gefärbten Lippen zurückgeflattert. „Es tut uns leid, es klappt nicht. Wir können einen Hexenzauber nicht auflösen und leider auch nicht mehr die blauen und rosafarbenen Flocken wegzaubern.“
Entsetzt starren jetzt alle auf die glitzernde Landschaft nach draußen. Langsam geht auch schon die Sonne auf und es wird nur noch ein paar Minuten dauern, bis die ersten Angestellten und Touristen versuchen werden, die Tempelanlage zu betreten. Was ihnen nicht gelingen wird. Und die Freunde sind fürs Erste im Tempel eingeschneit. Der Schnee liegt meterhoch.
„Ich glaube, das beste ist, wir ruhen uns jetzt erstmal von der Party aus und machen ein Nickerchen. Vielleicht fällt uns ausgeruht eine Lösung ein. Bis zum Tempel kommt jetzt sowieso niemand, der ist komplett eingeschneit“, schlägt die Affen-Oma vor.
Alle nicken resigniert und suchen sich ein Plätzchen zum Schlummern. Stella ist allerdings viel zu aufgewühlt und findet nicht in den Schlaf. Ihre Gedanken kreisen hin und her.
Derweil ist draußen vor der Tempelanlage die Hölle los! Die Angestellten der Tempelanlage, die Touristen und inzwischen auch einige Fernseh-Teams und Journalisten haben sich vor der Brücke, die auf das Tempelgelände führt, versammelt. Sie starren auf die Schneelandschaft, die direkt hinter der Mauer, die die Tempelanlage umgibt, beginnt. Die Journalisten sprechen von einem „weißen Wunder“ und die Angestellten fragen sich, wo sie hier in Kambodscha Scheeräumfahrzeuge herbekommen sollen. Das Chaos ist perfekt.
Im Tempel ist inzwischen leises Schnarchen zu hören. Alle, außer Stella, sind eingeschlummert. Stella versucht sich jetzt auf das leise Zischen der Schlange Polly zu konzentrieren, die neben ihr liegt. Bei jedem Schnarcher zischt Polly mit ihrer langen Schlangenzunge. Das wirkt jetzt langsam doch hypnotisierend auf Stella und sie merkt, wie sie eine Müdigkeit überkommt… Was, hypnotisierend? Plötzlich ist Stella hellwach! Das ist die Lösung! Eine Hypnose! Jeder weiß doch, dass man sich unter Hypnose an Dinge erinnern kann, die man eigentlich vergessen hat!
Das Steist-Mädchen rüttelt an der riesigen Tiger-Python. „Aufwachen! Polly, ich hab die Lösung!“ Polly öffnet verschlafen die Augen. Aufgeregt berichtet ihr Stella von ihrer Idee: Polly soll mit ihrem Gezische und ihrem starren Blick die Hexe Karin hypnotisieren und nach dem vergessenen Zauberspruch fragen.
„Naja, ich hab sowas noch nie ausprobiert, aber es gibt immer ein erstes Mal“, erklärt sich Polly für die Aktion bereit. Sie will schließlich auch wieder zurück in ihr Heimatgebüsch. Auch Karin, die von Stella und Polly geweckt wurde, ist mit dem Experiment einverstanden. Vorher muss ihr Polly aber hoch und heilig versprechen, dass sie nur nach dem Schnee-Wegzauberspruch fragt. Schließlich will die Hexe nicht alle ihre Hexen-Betriebsgeheimnis-Zaubersprüche verraten! Na klar, ist versprochen!
Die grüne Hexe setzt sich im Schneidersitz vor die riesige Python und die fängt an, hypnotisch zu zischen. Es dauert nicht lange und die Hexe befindet sich in einem tranceähnlichen Zustand. Schnell fragt Polly säuselnd nach dem Zauberspruch. Und tatsächlich! Die Worte sprudeln nur so aus der Hexe heraus und Stella kratzt die Sätze schnell mit ihren Füßen in den Staub auf dem Boden, damit ja kein Wort vergessen wird. Jetzt ist die Hypnose beendet und die grüne Hexe ist aufgestanden, um sich den Zauberspruch durchzulesen, der in den Staub geschrieben ist.
„Ach ja, stimmt, so war das!“, murmelt sie. Dann stellt sie sich schweigend mit ausgebreiteten Armen in die Mitte des Tempels und fängt an zu zaubern:
„Schnee geh, Schnee verweh, schmelz dahin, das war der Sinn. Wir danken dir für deine Pracht, doch jetzt ist deine Aufgabe vollbracht. Schnee geh, Schnee verweh!“
Draußen auf dem Tempelgelände fängt es auf einmal an zu stürmen. Die Luft ist weiß, rosa, blau gefärbt. Dann ensteht ein riesiger Wirbel und die ganze Schneepracht verschwindet kreisend Richtung Himmel. Alle Meschen außerhalb der Tempelanlage glauben ihren Augen nicht! Was ist denn hier los? Das ganze Spektakel dauert 2-3 Minuten und dann liegt die Tempelanlage vor ihnen, als wenn nie irgendetwas gewesen wäre. Keine einzige Schneeflocke ist mehr zu sehen.
Inzwischen haben Stella, Polly und Karin schnell ihre Freunde geweckt, die erstaunt zur Kenntnis genommen haben, dass der Spuck vorbei ist. Schnell machen sich alle aus dem Hintereingang aus dem Staub, unbemerkt von allen Menschen. Und Stella hüpft natürlich schnell auf ihren Statur-Sockel, als ob nichts gewesen wäre. Tja, fast sieht es wirklich so aus, als wenn nichts gewesen wäre. Wenn da nicht der riesige Tannenbaum im Tempel wäre… Die Mitarbeiter der Tempelanlage rätseln bis heute, wer den da aufgestellt hat…